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2.Tag
Start 8.00 Uhr, auf einer rätselhaften Mulatiera über den breiten Hang zum Felsfuß des Neyrongrates. Wo sollte diese Mulatiere denn mal hinführen??? Dann durch Blockfelder aufwärts am Felsfuß entlang, teils ist der Pfad etwas ausgebaut, teils von Blöcken verschüttet. Gelbe Markierung, die uns, wie von der Wirtin, aber anders als im Scheck beschrieben, weit östlich bis über den rechter Hand unten liegenden Gletscher führt, und dann erst scharf links nach oben zum Grat abbiegt. (Die von Scheck beschriebene Ausbuchtung passiert man dabei, man sieht dort auch einen alten, nicht sehr ausgeprägten Weg, nur weiß man halt nicht, in welchem Zustand der Klettersteig für den Abstieg ist.)
Das Foto links zeigt den Pfad nach dem steilen Linksknick, man ist hier schon sehr nahe am  Col Neyron Ovest. 

Oben (3,5 Std seit Chabod !!) nur eine schmale Scharte im Fels. W. Schaut hier auf der anderen Seite runter, unten der Ausläufer des Neyrongletschers, zu dem wir gleich absteigen müssen, mit Hilfe der Ketten zu W.'s Füßen. 

Die grauen Hänge im Hintergrund sind die Südflanke der Grivola, in der Kerbe davor läuft der Abstieg vom Col Lausson ins Valsavarenche, und im Hintergrund sieht man aus diesem hinaus bis zum Mt. Blanc Massif.

Vorausschau: Nach dem Abstieg vom Col müssen wir jenseits des kleinen mittleren Schneefeldes entlang der Moräne nach rechts hoch zum verdeckten Col Herbetet Nord ziehen. Nach Karte befindet sich der Weg sogar zwischen dieser Seitenmoräne und der Felswand unmittelbar dahinter, und um dahin zu gelangen, müsste man tief absteigen, und die Moräne an ihrem unteren Ende umgehen. Uns boten sich natürlich Spekulationen über mögliche Abkürzungen an. Amgeringsten wäre der Höhenverlust, wenn man über den vorderen Gletscher queren könnte. Ob das geht, ist uns auch nachträglich nicht klar, die offene Frage war, ob und wie man an der Rippe zwischen vorderem und mittlerem Schneefeld vorbeikommt. Der Gletscher ist an dieser Stelle recht steil. Wir beschlossen, nach links abzusteigen mit dem normalen Weg, nach Überqueren des Baches aber sofort zur Moräne zu gehen, und an ihrer diesseitigen Seite hoch.
Zunächst ging es aber an den Ketten nach unten,- das war erstaunlicherweise der angenehmste Teil dieses Tages war! Die Ketten wirkten sehr neu und vertrauenserweckend. Am Ende eine Leiter, danach steht man aber nicht unten, sondern in steilem und unangenehmem Schutt-Schnee-Gemisch. Dieses letzte Stück bis zum Gletscher war etwas heikel. Dann im Firn angenehmer weiter, immer noch steil abwärts,
bis man wirklich allen Schnee hinter sich gelassen hat und eine Schuttebene erreicht, von der man über die das Valsavarenche vom Val de Rhemes trennende Kette hinweg den Mt. Blanc sieht. W. flehte fast um Mittagspause, ich wollte erst anhalten, wenn ich den weiteren Weg einsehen könnte. Wir waren seltsam müde, besonders W., und der Col Herbetet Nord, den wir jetzt sehen konnten, sah nicht einladend aus. Das hab ich noch nicht erlebt,- W. fragte wirklich, was es denn für Alternativen zum Herbetetpass gebe! Ich bestand aber darauf, wenn wir jetzt kniffen, dann könnten wir uns den Rest schon gar nicht zutrauen,- die nächsten Pässe an der Südseite des Massivs wären sicher von gleichem Kaliber,- und schließlich war dies rein rechnersich kein großer Tag,- nur zweimal 500 m hoch, etwas weniger ab.

Also Mittagspause in diesem unwirtlichen Gelände, ein großerer Felsblock bot etwas Schatten. Nach eineinhalb Stunden weckte ich W., gut ausgeruht fühlten wir uns nicht.
 
Es ging abwärts zum Bach, tiefer als uns lieb war, und dann suchten wir über 100 m lang nach einem Übergang. 

Damit verließen wir die AV 4 und stiegen weglos durch Schutt schräg gegen besagte Moräne aufwärts. Am oberen Ende der Moräne hätten wir eigentlich auf den in der Karte eingezeichneten Pfad stoßen müssen, aber es fand sich keine Spur. War auch egal, der Weg über Schutt, Firn und Gletscher war eindeutig. Ob es möglich gewesen wäre, durch ein Queren des Gletschers den Verlust sovieler Höhenmeter zu vermeiden, erschien bei diesem Blick auf das Gletscherende (Foto rechts) eher fraglich. 

Wir konnten die Steilheit des eigentlichen Passaufstieges im Schutt nicht vorab einschätzen, bei jeder Draufsicht stellte er sich anders dar. 


 

Komischerweise waren bereits die letzten Meter im Schnee nicht angenehm, denn man sackte nur wenige cm ein, und es wurde steil.

Eklig dann der Schutt: Wirklich steil, und alles war rutschig.

In der Mitte der Rinne waren großere Steine, die etwas Halt boten. Aber ich musste sehr vorsichtig sein, auch Blöcke von der Größe eines PKW lagen manchmal so lose, dass sie unter meinem Gewicht abzugehen drohten, und unter mir kam ja W. 

Das Foto zeigt W. bei diesem beschwerlichen Aufstieg und den Blick über den Neyrongletscher zurück zum  „Neyron-Grat“, den wir mittags überschritten hatten. Es ist praktisch das Gegenfoto zu diesem. Dementsprechend müsste unsere Scharte (Neyron Ovest) nicht mehr sichtbar im weiteren linken Verlauf des Grates sein.

Um 14.15 hatten wir die Mittagspause beendet, um 17.00 Uhr waren wir oben auf dem Pass (3263m). Man hofft nach so einer Plackerei dann ja auf einen angenehmeren Abstieg, dem war aber nicht so. Es ging mindestens so tief wieder in loser Erde runter, sehr beschwerlich und gefährlich mit dem schweren Gepäck. Ernst, weil schon weniger beleuchtet, die Osthänge des gerade überschrittenen Gebirgskammes:


 


Das Bild links ist gegen Süden aufgenommen, Herbetet-Gletscher und dahinter Talschluss des Valnotey.

Zu unserem großen Glück hat man unten, etwa am Ende der Firnfelder, mit Steinmännern und schließlich auch gelber Farbe einen neuen Pfad markiert, der ohne Höhenverlust, u.a. eine kleine Seitenmoräne überquerend, nach rechts zum Biwacco Leonessa führt.

Fast schien mir, wir hätten alten Weg, erst am linken Bachufer absteigen und dann wieder gut 200 m aufsteigen nicht geschafft! Der Anblick des schönen Biwaccos (10 Lager, 2 Tische, keine Kochgelegenheit, Wasser etwa 300 m) war dann sehr tröstend. Zum Glück war gerade noch genug Wasser in den Kanistern, denn zum Wasserholen hätte ich nicht mehr große Lust gehabt. W. war völlig hinüber, er installierte sich im Bivacco auf einer Bank und ließ sich von mir reichen, was er zum Kochen brauchte. Dann studierten wir das Hüttenbuch, drei Holländer waren vor zwei Wochen hier gewesen, hm, die Abfälle hatten sie nicht mitgenommen,- das sollte am nächsten Morgen eine traurige Erklärung finden. Wir waren alleine im Biwack, und wir schliefen königlich, schließlich waren wir von 8.00 Uhr morgens bis fast 19.00 Uhr (mit Pausen) unterwegs gewesen, und hatten die reine Gehzeit auf 5-6 Std. geschätzt gehabt!
 
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