Tessin 2011 vom 1. bis 5. August, Stauseen von Robiei


Dafür sprach wieder einmal der kurze Fahrweg. Diesmal alleine, ich wöllte ungestört meinen Rythmus finden und nach der Schlappe letzten Jahres sehen, was (noch) geht. Da ich alleine war, hab ich keine Hütte vorreserviert.

Hütten:
Cap. Basodino CAS 0041 91 7532797
Cap. Cristallina CAS     (0) 91 6065104
Corno Gries CAS               918691129
Poncione di Braga           (0)794136518
Rif. Garzonera                      918681177
Rif Maria Louisa  (It) 

Die Planung war etwas vage: Vorgesehen war Anreise nach Piotta, Aufstieg zum Rif Garzonera, am 2. Tag über Passo Sassello zur Cap. Cristalline, von dort über Passo Grandinagia zum Rif. Corno Gries, von dort über Bocc. di Vallemaggia zum Rif Basodina, ev. von dort zum Rif. Poncione di Brage, dann wieder Cristallina, und über Passo dei Sassi zurück zum Auto. Das Wetter, und auch die tatsache, dass ich schon rot markierte Wege teilweise für mich als Alleingeher teilweise prickelnd fand, führten zu folgender
Route:
1. Anreise nach Piotta (1006 m)(nächstes Dorf nach Airolo unter dem St. Gotthard-Pass), Aufstieg zum Rif. Garzonera (2003 m)
2. Rif Garzionera-Passo Sassello (2336 m) - Garxonera (2191 m)-Passo del naret (2438 m) - (2349 m) - Capana Cristallina (2568 m)
3. Cap. Cristallina-(2474 m) - Lago dei Cavagnoö (2310 m)(2008 m) - Bocchetta di Valle maggia (2634 m) - Rif. Maria-Louisa (2160 m)
4. Rif. Maria-Louisa - Riale (1728 m) - Passo del Gries - Passo del Corno (2500 m) - Rif. Corno Gries (2336 m)
5. Rif Corno Gries - Passo S. Giacomo - S. Giacomo - Airolo .

Sehr hübsch ist, dass man hier (TI-Sentieri) Höhenprofile vieler Wege im Tessin erhalten kann. Karten sonst: 1:  50 000 Nufenen Pass, Levantina oder 1:25000 Schweitzer Landeskarten

1. Tag Ankunft in Piotta, Suche nach Beginn des Weges: Einige der auf der Karte eingezeichneten Wege scheinen zugewachsen zu sein. So muss ich nach der Bahnunterführung erst 500 m links gehen auf Teerweg, dann auch den ersten Abschnitt aufwärts auf Asphalt, dann aber Pfade. Nach Ti-Sentieri sind es ca 8 km und ca 1000 m Aufstieg, Normzeit 3,5 Stunden. Den Wegweisern nach in Piotta und Gioff sollte man es in 2:50 schaffen, und so viel hab ich auch etwa gebraucht. Fiel mir aber sehr schwer, der Rucksack ist zu schwer. Schöner Abend in Garzonera, ich schaue zu, wie mit Hütehunden eine Ziegenherde auf die Weide getrieben wird, mache mein Abendessen, gehe spazieren. Garzonera hat 20 Betten, gegen 19:30 Uhr sind außer mir 6 + 2 + 4 Leute da. Passt also. Die 4 jungen Leute sind von Tremorgio über Valle dei Cani gekommen. Morgen gehen sie getrennt nach Cristallina, zwei den "leichteren" Weg über Passo Sassello, zwei über Passo dei Sassi. Gut dass ich auf dem Weg  über Passo Sassello nicht alleine bin, denn der Weg am Hang nach dem Pass ist auf meiner Karte nicht eingezeichnet. Vielleicht gibt es keine Markierung, und dann muss man am steilen Grashang herumturnen und den kaum existenten Pfad suchen. Ich zahle 15 Franken.

2. Tag Schönes Wetter, Abmarsch 7.00 Uhr. Wie schön: Unterhalb von Passo Sassello ist ein Wegweiser Richtung Garxonera, und der Pfad ist auch hinreichend markiert! Allerdings wenig ausgeprägt. Dafür ist die Überwindung der beiden Felsrippen vor und nach Corte del Corno heikler, als ich es zumal bei einem rot markierten Weg erwartet hätte, auch muss man unterwegs mal 100 m ab- und aufsteigen. In Garxonera bin ich schon recht müde. Oben sehe ich Leute am Passo dei Sassi stehen.  Obwohl sich hier viele Wege treffen, kein richtiger Wegweiser, alles schlecht markiert, die Pfade sehr ausgewaschen. Insgesamt kein schöner Ort! Nach kurzer Pause weiter, ich verpasse den richtigen Weg zuerst, kann das aber korrigieren. Der "obere" Weg von Garxonera zum Lago del Naret (über Lago di Forno) ist schlecht markiert, und kurz von dem Lago de Forno bin ich wieder 40 m zu hoch geraten. Richtig müde komme ich schließlich am Lago Naret an. So müde, dass ich mich auf dem Asphalt in den kleinen Schatten einer Mauer setze. So holen mich die beiden jungen Leute, die 1 Stunde nach mir im Rif. Garzonera gestartet sind, ein. Sie wählen aber im Weiteren den Weg um das Südufer des Sees,- was sicher eine heiße Asphaltlatscherei ist. Ich rappele mich auf, und steige die 50 m am Nordufer hoch, und gehe durch bis Cristallina. Ich war inklusive Pause fast 9 Stunden unterwegs, für die Strecke soll man 4 Stunden brauchen, steht auf der Homepage der Cristallinahütte, und ich selbst hatte geschätzt, es gehe in ca 5:30.. Und was sagt TI-Sentieri? Dort lässt sich die Strecke nur über den "unteren Weg" zwischen Garxonera und Naret berechnen, und Cristallina ist auch kein wählbarer Endpunkt. In etwa müsste man, demzufolge, den Weg in 6:15 Stunden schaffen, bei ca 1500 m auf und 1000 ab und 15 km.
Ich finde Cristallina groß, unpersönlich, sitze beim - nicht sonderlich guten - Abendessen zwischen lauter Schwitzerdeutschen, die mir obendrein nicht sehr liegen und die ich bei dem lauten Hintergrundgeräusch auch nicht verstehen kann. HP und 1 Kuchen + 1 Bier + 1/4 Wein + Dusche: 86 Franken!!! (Tauscht sich z.Zt. fast 1:1 gegen Euro!). Von den jungen Leuten erfahre ich, dass der Passo dei Sassi fast kletternd überwunden werden muss. Ich werde ihn also auf keinen Fall in umgekehrter Richtung beim Rückweg nutzen können!

3. Tag Wolken, Nebel. gegen Mittag sollen Gewitter kommen. Kein Tag, um alleine den Passo Grandinagia zu gehen. Ich entschließe mich, so wie die mittlerweile auf 6 Leute angewachsene Gruppe über Lago dei Cavagnoö und Bocchetta di Valle Maggia nach Rif. Maria Louisa zu gehen, und starte wieder vor ihnen um 7:30 Uhr. Schon beim Abstieg zum Lago Sfundau ist fast nichts von der Landschaft zu sehen. Der Weg sehr gut ausgebaut, teilweise an Steilhang, aber recht breit. Dennoch mag stimmen, was Scheck schrieb: Heikel bei Schneeauflage. Die Abzweigung zum Cavagnoö ist gut markiert, ich glaube, das ist landschaftlich ein hübscher Weg, die Sicht beträgt aber gerade mal 50 m. Mir gelingt es kaum, die Karte in diesem zerklüfteten Gelände richtig zu interpretieren. So geht das Stück Strasse vor Erreichen des Sees nicht, wie ich erwartet hätte, bergab, sondern weiter bergauf. Nach der Staumauer geht es in einem ca 40 cm breiten Band an einer Felswand steil hoch, Drahtseil. Unerwartete "Schlüsselstelle". Nun im dichteren Nebel. der Pfad teilweise kaum existent, aber sehr gut markiert. Bei max. 20 m Sicht ist tatsächlich meistens das nächste Zeichen zu sehen. Kalt, neblig, einsam.  Plötzlich taucht ein Steinbock im Nebel auf. Ein riesiges Tier, prall genährt, große Hörner, ich denke: Der ist fast so groß wie eine Kuh, wenn er will, kann er mich umrennen! Er lässt mich bis auf weniger als 10 m herankommen, pfeift leicht indigniert, springt drei Sätze weg, wobei seine Hufe schwer und hörbar aufprallen, und dann noch mal 5 Sprünge. Dichter und stattlicher geht nicht! Noch eine zweite Schlüsselstelle, ein nur 20 cm breites Band in leicht geneigter Felswand, OHNE Drahtseil, ca 15 Meter lang. In tiefer Kerbe schließlich Abzweig Richtung Lago dei Matörgn. Auch diesen konne ich erst sehen, als ich schon fast reintappte. Wie das Gelände linker Hand aussieht, kann ich kaum ahnen. Geht es tief hinab? Nähert sich allmählich die gegenüberliegende Talseite (was auf Talschluss und Passnähe hätte schließen lassen). Nebelnässen. Um 12:30, also nach 5 Stunden (900 m auf und 800 m ab), bin ich am Pass. Von diesem geht ist in Steinen und Erde fast 100 m sehr steil nach unten, in ein Becken mit Steinblöcken, und auch nach diesem Kessel ist es noch recht steinig. Nun beginnt es echt zu regnen, langsam immer heftiger. Ich wähne mich nahe der Hütte, laufe schneller auf dem flachen Wiesenpfad, meine, das Regencape nicht überziehen zu müssen.  Bei den Laghi del Boden mischt sich etwas Hagel in den Regen. Gerade, als der Regen zum Gewitter mit Platzregen mutiert, erreiche ich ein Almgebäude und kann mich im nach einer Seite offenen Maschinenschuppen unterstellen. Es ist hier sehr schmutzig und kalt. Nach paar Minuten stehen plötzlich am anderen Ende des Schuppens drei Wanderinnen, französisch-Schweizerinnen. Nach 30 Minuten lässt der Regen nach, bis zur Hütte brauche ich immer noch fast 20 Minuten. Dort Trockenraum, auch Wäscheleine im teilwise nun wieder sonnig-windigen Nachmittag nutzbar. Die 6 jungen Leute kommen später an, waren kurz unterhalb des Passes vom Gewitter überrascht worden. Es ist ein angenehmes Rifugio, Essen auch etwas besser als in Cristallina. Ich sitze alleine an einem Tisch, die drei Französisch-Schweizerinnen bieten mir an, dass ich mich zu ihnen setze. Sie hatten, von Corno Gries kommend, zur Bocchetta hochgewollt, als das Unwetter kam. So erfahre ich, dass es einen sehr hübschen und viele Höhenmeter sparenden Weg vom Passo Giacomo zur Bocch. di Valle Maggia gibt, der auf meiner Karte nicht eingezeichnet ist. Ich zahle für HP und 1 Tasse heiße Schokolade und Wein 41 Eur. Das ist doch angemessener. Die Hütte hat mir auch sonst gut gefallen.

4. Tag Morgens ist alles trocken. Die jungen Leute wollen einen hübschen Weg zum Passo Tamier gehen, der aber technisch an einer Stelle schwierig sein soll. U.a. deshalb schlage ich das nette Angebot, mich Ihnen für diesen Weg anzuschließen, aus, obwohl sich so für mich eine sinnviolle Route ergeben könnte.Ich beschließe, nach Corno Gries zu gehen, und damit es kein total lauer Tag wird, erst nach Riale abzusteigen, am Lago di Morasco vorbei hoch zum Griespass. Für den Abstieg gibt es, anders als auf meiner Karte, fast durchgehend Fußpfade, muss kaum auf der Straße laufen. Ab Morasco sind sehr viele Leute unterwegs, oben auch viele Mountainbiker. Landschaftlich nicht so schön. Bin ja auch aus dem Tessin raus, hier die Formen weiter. Je ein Steilanstieg im Gras vor und nach Bättelmatt, ganz oben karger Schutt, schon wieder ein Stausee, und Blick auf den Griesgletscher. Kurz vor der Hütte sehe ich direkt am Pfad ein Zwergwiesel (??), schaut mich putzig an, huscht in seltsamen Sprüngen, mit allen Vieren gleichzeitig abhebend, unglaublich schnell ein paar Steine weiter, dann wieder zurück, dann nach dort, schaut mich wieder an, huscht wieder zurück,- die Route und die Sprünge von Stein zu Stein sind wohl gut einstudiert.... Rif. Corno Gries eigenartiger Bau, das beste Abendessen der Wanderung, wieder mit lauter Deutschschweizern am Tisch. Ein junger Lehrer erzählt mir viel über Absurditäten des kantonal organisierten Bildungswesens. Außerdem: Die SuS müssen praktisch für Bewerbungen einen Test machen, der ca 800 Eur kostet, und er selbst erwägt, eine Fortbildung zum Schulleiter zu machen, die 7000 Franken kostet!  Alle hier am Tisch haben ihr I-Pod dabei, und können dort das Wetter abfragen. Morgen soll es ab Mittag wieder regnen.

5. Tag Unentschlossen: Soll ich nun die Weg über Passo Giacomo zur Bocchetta di Valkle Maggia nach Cap. Basodino nehmen? Bis Mittag wäre das zu schaffen. Dann könnte ich am Samstag über Passo di Cristallina ins Tal absteigen. Ich gehe um 7:15 los, bin auch schnell am Passo Giacomo. Blick Richtung Bocchetta: Die hängt schon in den von Süden drängenden Wolken! Nein, nicht nochmal dort einen halben Tag durch den Nebel irren, um dann einen Regennachmittag in der Hütte zu verbringen, und dazu die Unsicherheit, ob der Folgetag die Überschreitung des Passo Cristallina wettermäßig ermöglicht. Ich wähle also den wenig spektakulären Weg durch Almen und Wald am Hang des Val Bedretto, dabei langsam an Höhe verlierend, mit dem Trost, dass die Wolken ebenso immer tiefer hängen, was die Entscheidung bestätigt. Ich gehe so lange, bis es rechts zur Cristallina hochgeht. Dort Abstieg nach Ossasco, bin vor 13.00 Uhr dort. Enttäuschung: Ein Bus nach Airolo kommt erst um 14.40 Uhr. Hier bei dem kalten Wetter ist schlecht Ausharren. Es gibt einen Fußpfad im Tal, besser gesagt an der unteren Hangkante. Diesem folge ich bis Airolo. Am Ortsrand beginnt ein heftiger Regen. Ich gehe langsam im Cape weiter, man muss die Strassenbögen auslaufen, um über den Fluss und ins Zentrum zu kommen. Nach ca 40 Minuten startet der Bus nach Piotta. Gegen 15.30 Uhr fahre ich in Piotta los nach Krefeld.

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